Wie Silberblumen stehen
Die Sterne zitternd hoch im heitren Blau.
Im sanften Windeswehen
Säuseln die Sträucher
schwer vom nächt'gen Thau.

(Cesare Rossi, 1852-1927)

Gedichte - Lyrik

Schöne und kurze Gedichte über die Liebe und das Leben

Ob modern oder bekannt und klassisch, Gedichte sind eine gute Sache. Das Schöne an Gedichten ist, sie sind einfach da. Jemand hat sie für uns geschrieben. Ob zum Nachdenken oder Schenken. Gedichte können trösten, Hoffnung schenken, uns Inspiration sein oder ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Gedichte sind wichtig für gross und klein. Hier erhalten Sie Lyrisches, Poetisches, schöne und kurze Gedichte über Gott und die Welt. Als Inspiration oder Idee, zum Schenken oder Nachdenken, zum Geburtstag, für Mutter, über die Liebe, das Leben, die Freundschaft... . Poetische Worte zu Weihnachten, für Neujahrswünsche, zum Trost spenden oder bei Abschied und Trauer. Gedichte zu jeglichen Jahreszeiten und Anlässen, geschrieben von vielen Autoren aus verschiedenen Epochen und Kulturen. Schöne und kurze Reime und Verse.

Neue Liebe

Wie kommt es, dass die Zeit
so grosse Wunden heilt
und am Gestern sich man neu erfreut?
Das Gestern, durch die Nacht vorüber;
eine Blume schlägt die Augen auf
als wär der Himmel nicht mehr trübe.
Wie kommt es, dass das Leben drängt,
man wieder an den Frühling denkt
und hofft auf neue frohe Lieder
und vielleicht an eine neue Liebe.

(© H.S. Sam)

Leben

Unaufhörlich hörlich tickt es
zwischen dem Jetzt und dem Jetzt.
Auch wenn man eine zeitlang schweigt,
der Ballast bleibt, es lebt sich mit ihm
zwischen dem Heute und dem Heute,
vor den Augen der Augen, die es
sehen, aber nicht hören wollen.
Nur nachts, da kommt das Leben
vorbei, das Heute, das Jetzt,
das Leben, im Sterben das Leben.

(© Monika Minder)

Die Beete blumengetupft

Die Beete blumengetupft,
die Gräser lang, die Bäume grün.
Der Wind weht laut und spricht,
es will noch lange blühn.

Bis die Zeit sich wendet,
die Sprache der Blumen bleibt.
Man möchte weinen,
und doch, es schneit.

(© Beat Jan)

Der Sommer ist wild

Der Sommer ist ne wilde Sau,
die Leute spinnen, machen Radau.
Sie lärmen, kompensieren Frust,
sie grillen, verpesten die Luft.
Wir Kinder fragen sachte,
wird der Mensch denn nie erwachsen?!

(© M.B. Hermann)

Der Frühling weckt uns

Der Frühling weckt uns. Wir lachen.
Liebe neckt uns. Wir blühen.
Alles möchte sich vertausendfachen
die Freude und das Wiesengrün,
das Glück im Herzen, in der Seele
und die Kraft, der Mut. Wir blühen.

(© Milena A.L.)

Der Liebesbrief

Wollt' einmal dem Liebchen schreiben,
Hatte gleich kein Briefpapier.
Dacht' ich: gut! - da lässt du's bleiben -
Gehst gleich lieber selbst zu ihr!

So gross war meine Eile,
Dass ich selbst als Liebesbrief
Manche liebe lange Meile
Nach dem fernen Liebchen lief.

Und sie las den Brief geschwinde,
Küßt' und herzt' ihn tausendmal!
Doch ich gab dem holden Kinde
Küsse wieder ohne Zahl.

(Constantin Julius Becker, 1811-1859, deutscher Komponist, Musiktheoretiker)

Freundschaft ist wie Himmel

Ganz Licht, ganz Liebe und Treue,
Freundschaft ist wie Himmel, nur bläuer.
Man wagt so viel zu hoffen, zu träumen,
trägt so viel Kraft unter blühende Bäume.
Siehst du, aus dem Himmel kommt Freude,
leben wir sie hier und heute.

(© Hanna Schnyders)

Tiefer Ozean

Ich bin ein tiefer Ozean,
auf dem die Wellen gleiten.
Ein geworfenes Licht, das
Zweifel schreitet.
Ein Stern, der unaufdringlich
durch das Dunkle scheint.
Eine Katze, die das Leise
der Nacht mit dem Schein
des Tages vereint.

Ich zerstäube Zärtlichkeiten
auf deinen schönen Leib.
Indem ich dich denke,
werde ich weit.

(© Monika Minder)


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Sommerende

Es neigt der Sommer sich dem Ende.
Bald färben die Bäume sich
und der Herbst legt seine Hände
in ein neues weiches Licht.

(© Res Lio)

Helfende Hände

Wo helfende Hände gereicht werden,
im Miteinander Grosses vollbracht wird,
wo Schaffen uns Mut und Kraft verleihen,
inmitten der schlimmsten Katastrophe
kleine und grosse Herzen warm werden,
da möge das grösste Glück einziehen
und unser Dank wie Freudenblumen
zuversichtlich in den Himmel blühen.

(© Monika Minder)

Hoffnung

Die Hoffnung malt zu allen Zeiten
Leinwände voll, so bunt wie nie.
Was mögen wir in Herzen verbreiten,
wenn nicht die Liebe zu ihr.

(© Res Lio)

Sehnsucht

Fantasievoll erloschen
liegt das Meer.
Letzte Lichter tanzen
aufbäumend
wie mein Sinn
über Wellen her
und legt ganz sachte
meine Sehnsucht
in den Wind.

(© Anna-Lena Mil)

Der Mond

Keiner hat mehr Zeit
zum Mond hinauf zu sehen.
Mit den Gedanken weit
wollen alle immer schneller gehen.

Der Mond meint's gut mit uns,
leuchtet er uns immer noch.
Wer weiss, plötzlich macht's bums,
und er fällt vom Himmel doch.

(© H.S. Sam)

Jetzt, wo der rote Mohn sich über die Gräser erhebt

Jetzt, wo der rote Mohn sich über die Gräser erhebt
und die Tage lang sind wie drei Nächte,
die Blätter im Wind zittern und Gewitter grollen;
jetzt, die alten Lieder spielen und sich bis
die Wolken still liegen und die Nacht den Boden
befeuchtet von einem hingehauchten Moment,
den man Glück nennen könnte, ergreifen lassen.

(© Monika Minder)

Deine Güte

Deine Güte ist die Liebe,
die Liebe, auf die ich baue,
das Leben, in dem ich liebe,
der Atem, dem ich vertraue.

(© Res Lio)

Es ist Zeit

Es ist Zeit, mit den letzten Sonnenstrahlen
dem unrastenden Herz zu zeigen,
dass es Zeit wird mit der Neigung
in die richtige Richtung zu fahren.
Es ist Zeit.

(© Hanna Schnyders)


Traubenhyazinthe im orangen Frühlingslicht

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In der Träne des Glücks und des Schmerzes fühlen wir die Tiefe des Lebens.

(© M.B. Hermann)

Wie beglück ich

Ich frage nicht,
Wie ich die Welt erfülle.
Die Welt bedarf nicht meiner.
Und was ich
In das Zeichen
Setzte,
War mir
Geschenk vor Allem.
Nur: wie beglück ich,
Fragt ich jede Stunde.

(Arno Nadel, 1878-1943, deutscher Schriftsteller, Musikwissenschafter, Dichter)

Wissen wir um die Bedeutung der Zeit

Wissen wir um die Bedeutung der Zeit,
wo wir keine Sterne vom Himmel fallen sehen?
Der Takt ist aus dem Takt und weit,
weit liegen die Erinnerungen,
denen wir nie entfliehen konnten,
weil wir keine Vögel sind.
Wort für Wort, ohne einen Baum
gepflanzt zu haben, in der Schuld
der verdrängten Chancen
bleibst du namenlos stehen.
Alles fliesst, alles geht vorüber.
Im Geschmack der Angst
bleiben vielleicht Nuancen.
Wenn es gut kommt Taten.

(© Monika Minder)



Gladiole in orange-rot

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Wo's lebt, brennen Sterne.

(© Monika Minder)

Wo bist du hin?

Wo bist du hin,
warum, wozu, weshalb, wieso,
das macht doch keinen Sinn.
Die Zeit steht still,
das Herz rast los.

Du bist so still,
so unfassbar still.
Leise wie der Wind,
steht die Zeit jetzt still.

Hallo Unfassbarkeit,
du bist so still...

(© Beat Jan)

Kleine Flocken tanzen

Kleine Flocken tanzen und verkünden,
s'ist Zeit Kerzen anzuzünden.
Freundlichkeit fliesst leis ins Helle
und begrüsst das immer Neue.

(© Jo M. Wysser)

Wer all sein Glück in Eins nur setzt

Wer all sein Glück in Eins nur setzt,
Der nimmt's in jedem Irrlicht wahr;
Ob's flackernd huscht und müd' ihn hetzt,
Er folgt und ahnt nicht die Gefahr,
Bis er verwirrt und wüst erwacht
In leerer Nacht.

So such' ich Liebe, Lieb' allein,
Den Himmel für das Menschenherz
Und tauschte doch nur Pein um Pein
Und kaufe wieder Schmerz für Schmerz
Und schaudre - lockt mich wieder nur
Irrlichte Spur?

(Hans Grasberger, 1836-1898, österreichischer Lyriker, Dichter, Kunstkritiker)

Herbstserenade

An den Bäumen die letzten Blätter rauschen.
Einige wirbeln schon, andere lauschen.
In die Nase steigt fauliger Apfel- und Birnenduft.
Wespen surren aufgeregt in der Luft
und auf meinem Zwetschgenkuchen;
ich könnte fluchen.

(© Hanna Schnyders)

Kleines Liebeslied

Deine Augen, wunderschön gezeichnet,
dein Blick, der mich auszeichnet.
Dein Mund, der sich mir öffnet,
dein Kuss, der mich entwaffnet.
Dein Herz, das mich umarmt,
deine Seele, die mich wärmt.
Deine Liebe, die mich gewinnt,
dein Wort, das nur mir gesinnt.

(© H.S. Sam)

Von den Menschen

Man spricht von den Menschen und muss lachen,
das Gute geht, das Schlechte lässt man machen.
Nur manchmal lernt die Not noch beten,
einigen würde man lieber in den Hintern treten.
Und weil er meint, der Mensch, er sei so gut,
gehts ihm so schlecht, es fehlt an Mut.
Das System kanns auch nicht ändern,
und der liebe Gott starrt Löcher an die Wände.

(© Monika Minder)

Der Frühling guckt durchs Fenster

Der Frühling guckt durchs Fenster
mit seinem hellen Licht.
Aus seinen grossen Augen
die letzte Sorge wich.

Mit seiner milden Zärtlichkeit
zieht Wärme durchs Gemüt.
Und aus der langen Einsamkeit
das Herz sich wieder müht.

(© M.B. Hermann)

Glück

Glück, wo der Frühlingswind uns grüsst
und Freude in die Herzen fliesst.
Wo Strahlen aus himmlischen Höhen
über allen Sternen stehen.

(© Marie A.H.)

Das Haus der Vögel

Das Haus der Vögel verkitscht sich.
Wir haben Angst vor der Stille.
Wie jedes Jahr warten auf den Schrei
des Kindes in der Krippe, fliegen wir
uns an die Wand.

Narben, die uns Schmerzen erklären,
möchten entstehen und Geschichten.
Doch wo niemand ist, können wir
niemanden zurück lassen, und wo
wir nichts zurück lassen, können wir
nichts erinnern. Wo wir nichts erinnern,
können wir nichts heilen.

Wir haben Angst vor Geschichten,
träumen uns Inseln aus Glück und
werden uns selber doch nie los.

(© Monika Minder)



lila Malerei

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Im Innehalten lernen wir ausruhen und gelassen sein, lernen wir Halt spüren und Sicherheit.

(© Beat Jan)

Stiller Traum

Wie Gräser sich wiegen
durch nächtlich dunklen Raum.
So weise verschwiegen,
wie in einem stillen Traum.

(© M. B. Hermann)

Zukunft

Das Glück kommt heute,
und weil heute nicht morgen ist,
kommt auch die Zukunft noch nicht.
Die wollen wir ein bisschen verschieben,
weil wärst du noch geblieben,
wär morgen heute nicht.
denn morgen kommt die Zukunft,
und zwar schon morgen früh.

Kann man die nicht verschieben?
Ich wär so gern - und zwar mit dir
im Heute hier geblieben.

(© Milena A.L.)

Nach den Sonnenstrahlen

Es blühen Blumen noch und andere Arten.
Langsam greifen wir nach den Sonnenstrahlen,
verbringen die Zeit mit Warten und prahlen.
Wir schicken die Hunde, auch Katzen, los
und werden mit dem matten Blick in die Ferne
immer schöner unter all den jungen Sternen.

(© Beat Jan)

Die müssen beide füreinander sein

Wo ich zwei Bäume sah, mit ihren Zweigen
So hold verschränkt und still vertraut und nah',
Wo ich zwei Wölkchen mit des Tages Neigen
Am Abendhimmel rot erglühen sah,
Wo ich zwei Glocken hört' harmonisch klingen,
Zwei Vöglein locken hört' im stillen Hain;
Da mußt' ich stets mit Meister Goethe singen:
Die müssen beide für einander sein.

Und wir, wir wandelten zum Lindenpaare -
Zwei Wölkchen glühten über'm Laubengang,
Zwei Glocken summten durch die Luft, die klare,
Zwei Finken schmetterten im Wechselsang.
Du warest still zur Rasenbank gesunken
Und ich umschlang so kühn den Nacken Dein -
Wie zornig warst Du! Doch ich jauchzte trunken:
Wir müssen beide für einander sein!

(Martin Anton Niendorf, 1826-1878, deutscher Schrftsteller)

Abschied nehmen

Abschied nehmen, vom Jahr,
wo die Welt aus den Fugen
und wir mittendrin.
Du blühtest und welkst...
wohin es geht,
wir wissens nicht.

(© Milena A.L.)



blauer Himmel mit Wolken

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In der Natur trifft sich das Auge des Himmels in seiner ganzen Tiefe.

(© M.B. Hermann)

Mädchenlust

Frei bin ich, frei bleib' ich
Und lieben thu' ich nie,
Sie nennen mich Alle
Die schöne Marie.
Schöne Marie! süße Marie!
Mariechen jung dort und hier,
Und bieten Blumen
Und Küsse mir.

Und dank' ich, und sprech' ich:
Küssen thu' ich nie!
Da seufzen die Bursche
"Du spröde Marie!"
Spröde Marie! stolze Marie!
Mariechen jung hier und dort,
Ich aber lache
Und laufe fort!

O wär' ich ein Knabe!
Ich fragte nicht: Wie?
Und wüsste zu kosen
Mit jeder Marie.
Braune Marie! blonde Marie!
Mariechen jung dort und hier,
Und kehrte niemals
Wieder zu ihr!

(Otto Banck, 1824-1916, deutscher Publizist, Schriftsteller)

Dankbarkeit

Heute nehm ich deine zwischen meine Augen
und lasse das Glück aus dem Himmel fallen.
In allen Dingen füllt sich Dankbarkeit
und neu und offen bleibt das Jahr.

(© Beat Jan)

Das Auge der Geliebten

Warm und sternenhell war die Frühlingsnacht,
Aus dem Fenster schauten wir die Pracht,
Lieber doch an ihren Augen sinnig
Hingen meine Blicke lang und innig.

Und in lieblicher Verwirrung drauf
Senkte sie den Blick und wies hinauf
Nach der tiefen blauen Himmelsferne:
"Sieh, wie helle funkeln heut die Sterne!"

Und ich nahm sie lächelnd bei der Hand,
Blickt' ihr in die Augen unverwandt:
"Lass, mein Kind, mich freuen keine Sterne
So, wie Deine frommen Augensterne".

Nieder schlug sie holdverschämt den Blick,
Ging und brachte mir ein Blatt Musik:
"Komm und lass einmal uns singen wieder
Unsre lieben alten Maienlieder!"

Und ich nahm sie lächelnd bei der Hand,
Blickt' ihr in die Augen unverwandt:
"Nein, Geliebte, mehr als alle Lieder,
Freu'n mich Deine sanften Augenlieder."

Und ein leis Erröten holder Scham
Glühend ihre Wangen überkam,
Ging und brachte dar die Abendgabe,
Eine Goldorange mir zur Labe.

Und ich nahm sie lächelnd bei der Hand,
Blickt' ihr in die Augen unverwandt:
"Dank', mein Kind, mehr, als Italiens Apfel,
Labet mich Dein blauer Augenapfel.

Sorge nicht, hab' nimmer Langeweil',
Wenn bei Dir ich lange, lange weil':
Das sind meine liebsten Augenblicke,
Wenn ich Dir nur in die Augen blicke."

(Adolf Stöber, 1810-1892, elsässischer reformierter Geistlicher und Schriftsteller deutscher Sprache)

Vergiss-mein-nicht

Noch funkeln Sterne und locken
tänzelnd mit ein paar Schneeflocken.
Es fliesst ins Herz ein warmes Licht
VERGISS - MEIN - NICHT.
Bald tanzen Blütenflocken
und wir gehen barfuss ohne Socken.

(© Jo M. Wysser)

Verlöschende Sternschnuppe

Ein Stern tät wunders sich verglimmen
in der tiefen Nacht.
Was künden jene holden Stimmen,
Heil sei uns gebracht?

Wir hörenʼs nicht, wir blickenʼs nimmer.
Es blitzt und braust die Nacht.
Das taube Herz hat keinen Schimmer.
Lose Zunge lügt und lacht.

Ein Flat-Screen tät noch leise flimmern
in der tiefen Nacht.
Man hört von Ferne leises Wimmern –
Kindlein ist erwacht.

(© Detlev Wilhelm Klee, Frankfurt am Main)

Text hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Detlev Wilhelm Klee. Quelle: www.luxautumnalis.de

So im Gehen

So im Gehen und schlichter werden,
allmählich sich entfernen von Schein
und sich tiefer fühlen und erden,
mit Idee und Erfahrung verbindend sein,
und in diesem Unbeirrten nicht ruhn,
weil teilnehmend und mitmachend
sich Blumen und Worte auftun;
so allmählich erwachend.

(© Monika Minder)

Gemeinsam

Gemeinsam auf dem Bänklein
so Hand in Hand und in Gedanken,
und mit der Sonne ins Gesicht hinein
zärtlich gesinnt dem Tag danken.
Völlig wunschlos im Einfachen,
nur ab und an ein scheuer Blick,
ein Anlehnen, ein Lachen,
weil das Herz Freude braucht,
und Glück.

(© Hanna Schnyders)

Leichte Süsse

Leichte Süsse wippt sich in die Fäden.
Die Sonne rollt die Knie ein, wie wenn
sie sich ins Bett verziehen möchte.
Derweil wirbeln Blätter wie auf Rädern
durch Strassen und zeigen, wo's lang,
und was bald zu Ende geht.

(© M.B. Hermann)

Träume

Wir haben einige Träume am Ende des Jahres
zu denen fast alles passt. Sogar die Sterne,
die Bäume, der Wind, die Blumen - die Blumen
denken wir: Wer sorgt für Wasser, wer für Liebe?
Der Schnee hat sie nicht zugedeckt.

(© Monika Minder)

Mich vertausendfältigt

Was auch Sonne, Mond und Sterne gewollt,
sie haben mir Jubelstrahlen zugerollt.
Du, ja Du, hast mich vertausendfältigt
mich mit deiner Liebe überwältigt.
Wie sag ich's nur in meinem Entzücken,
Wunder Du, Du meine Brücke.

(© Hanna Schnyders)

Wie ein Stern

Ich bin wie ein Stern
und kann das Leuchten
kaum glauben
und das Fliegen
in ein sanftes zu Hause.

(© Monika Minder)

Weil du

Weil du den Boden zum Himmel machst,
der seine Wolken kennt,
weil du dein Herz öffnest,
weil du lachen kannst,
weil du die richtigen Worte ernst nimmst,
weil ich durch dich entstehe
und werden kann, was ich bin,
liebe ich dich.

(© Beat Jan)

Zurechtkommen

In einer modernen Welt zurechtkommen, mit sich selbst und mit anderen, mit all den alten und neuen Gefühlen, mit bereits Erfahrenem, Erlittenem, mit dem, was gerade ansteht, und was man sonst noch alles sollte. Seinen Ort finden in all dem inneren und äusseren Chaos und wieder zu träumen wagen, weil Träume Raum bieten, sich selbst besser kennen und spüren zu lernen.

(© M.B. Hermann)

Anfang

Die Sonne steht mit den Hühnern auf,
Tautropfen silbern auf der jungen Landschaft.
Noch zeichnet sich eine hinhaltende Stille in die Blätter und verwunschene Träume sprechen von Ewigkeit. Die Schönheit des Sukzessiven -
Das muss der Anfang sein.

(© Monika Minder)

Es wäre leicht

Es wäre leicht, ich könnte fliegen
wie ein kleiner Schmetterling
und auf schönen Blumen wiegen.
Ja, fliegen, und es würde leicht
wie ein kleiner Wind im Frühling
und mit den Bäumen baumeln, vielleicht.

(© M.B. Hermann)

Wege leben

Wege leben
Blicke suchen
Sehnen, streben
Träume buchen.

(© Jo M. Wysser)

Nach den Sonnenstrahlen

Es blühen Blumen noch und andere Arten.
Langsam greifen wir nach den Sonnenstrahlen,
verbringen die Zeit mit Warten und prahlen.
Wir schicken die Hunde, auch Katzen, los
und werden mit dem matten Blick in die Ferne
immer schöner unter all den jungen Sternen.

(© Beat Jan)

Hoffnung

Küssend
sind Bienen
und Blumen.

Leise
das Warten
bis zur Ernte.

Dazwischen
Gewitter
und Regenbogen.

Manchmal
ein Funken ...

(© Monika Minder)

Löwenzahn-Mann

Jetzt streckt er wieder seinen gelben Schopf
in den Himmel, dieser lustige gelbe Mann,
und steckt einem mit seinem zottligen Kopf
total zum Lachen an.

Und dann durchwühlt auch noch der Wind seine Frisur,
nach links und nach rechts, nach oben und nach unten.
Doch der Löwenzahn mag diese wilde Natur,
er macht auch im Sturmgebraus eine zottlig gute Figur.

(© Hanna Schnyders)

Wenn der Tag erwacht

Tritt ein in diesen Tag. Noch glänzt Tau.
Im Garten nicken gelb die Sonnenblumen,
aber auch das Rot des Mohns hat sein Volumen.
Durch die Morgenstille singt ein Mau
schwanzerhoben ein Begrüssungsritual.
Bäume beschatten das grelle Licht.
Die Leere ist nur das Eine.
Zu viele Dinge haben kein Gesicht
und Liebe will nur Weile.

(© M.B. Hermann)

Unbekanntere Gedichte aus verschiedenen Kulturen und Epochen

Sie konnten zusammen nicht kommen

Auf beglänzten, lilienweissen Räumen
Schrittest Du in einem Feierkleid,
Schrittest leise und in stillen Träumen,
Und die Träume waren mir geweiht.

Von dem Himmel flossen goldne Strahlen
Und verklärten Dein Madonnenhaar,
Und ein Düften kam aus allen Talen,
Das war wie die Sehnsucht wunderbar.

Und Du schrittest, ohne Dich zu wenden,
Immer weiter durch das Sonnenlicht.
Und ich rief Dich mit gerungenen Händen,
Aber Deine Augen sahn mich nicht.

Meine Füsse durften sich nicht regen,
Und Dein Glaube war, zu mir zu gehn.
So verlorst Du Dich auf fernen Wegen,
Und das war auf Nimmerwiedersehn.

Langsam ist des Tages Glanz geschwunden,
Raunend zieht die blaue Nacht herauf -
Reicher blühen meine Wunden
Mit den Liliendüften auf . . .

(Hans Bethge, 1876-1946, deutscher Dichter)

Gleichnis

Ach, weiss du denn, dass meine Liebe blüht
wie deine dunkelroten Rosen hier,
die man gebettet in die flache Schale?
Ach, ahnst du denn, dass meine Sehnsucht glüht
wie blutigroter Wein, den du da trinkst
aus kostbar-goldenem Pokale?

Du lächelst traurig? Ach, du weisst noch mehr,
und bange weht dein Wissen zu mir her:
daß einmal sterben alle unsre Rosen
und dass einst brechen werden sanfte Schalen;
und schwerer Wein - wie Blut strömt - wird vergossen
aus mattgewordenen Pokalen.

(Hertha Kräftner, 1928-1951, österreichsische Schriftstellerin, Dichterin)

Keiner kann die Lieb zerstören

Tue einer, was er tun will,
Keiner kann die Lieb' zerstören;
Sage einer, was er wolle,
Liebe kann er nicht zerbrechen!
Liebe ist ein großes Wesen,
Würde fliegen, hätt' sie Flügel.

(Rumänisches Liebesgedicht aus der Bukowina)

Mein Bekenntniss

Endlos sich die Tage dehnen -
Wüste - Nebel rings herum.
Herzen sich nach Herzen sehnen; -
Bleibt auch Mund und Auge stumm.

Herz will seinen Antheil haben,
An des Lebens festlich Mahl,
Will sich sonnen, will sich laben,
An geliebter Augen Strahl.

Herz will fest an Herz sich schließen;
Durch der Theilung Hochgenuß,
Tausendfach ein Glück genießen -
Sonst - es ewig darben muß.

Gießt Du mir allein nur Freuden
Nimm, o Schicksal, sie zurück!
Besser - treu getheilte Leiden,
Als ein ungetheiltes Glück.

(Louise Freiin von Rechenberg, 1791-1866, österreichische Humanistin)

Ach, möchte man doch mir und dir

Ach, möchte man doch mir und dir
Ein Ackerstück zum Jäten geben,
Dabei ein Wäldchen noch, wo wir
Ein Stündchen könnten glücklich leben!
Ich führte dich ins Dickicht hin,
Wo uns kein Vogel könnt belauschen
Und hört' er uns, so bät ich ihn
Nur nichts den Leuten auszuplauschen.

(Aus: Georgische Dichter, übersetzt von Arthur Leist, 1852-1927)

Segnender Abschied

Ich sehne mich nach deiner jungen Nähe,
Und deinen Worten, die so leise fallen
Wie Schleier, wenn sie über Wunden wallen . . .
Oh daß ich deine Augen stählern sähe,

Und steil den Nacken, kampfbereit und jähe,
Und daß ich dich die feinen Hände ballen,
Die aderblauen, um den Schwertgriff krallen,
Dein Haar im Sonnenwinde fliegen sähe . . .

So jung und frei in Pracht und Überschäumen
Warst du vor mir an einem einz'gen Tag . . .
Und stehst nun so in allen meinen Träumen.

Nun deine kranke Liebe ganz erlag,
Seh ich zurück nach diesem Herrscherbäumen,
Daß ich in Armut nicht ertrinken mag. -

(Elisabeth Braunhoff, 1917)

Sehnsucht

So wie die Bienen ganz von selber kommen -
Sie sind es, die die ersten Rosen suchen . . .
Des Herzens Urwald schreit nach deinen Sommern,
Wie müde Kinder um den Heimweg frugen -
Und du willst nie von meiner Schwermut wissen?
Doch an die Rosen glaub ich sehnsuchtsvoll,
Und an die Bienen in der Heimat Linden. -
Ein großes Herz bricht Wände aus Demanten
Und Menschenherzen gibt es schön geschliffen:
Silberne Spiegel, die nur Heilige kannten -
O blüh mein Herz! und alles Andre folgt
Von selber - so wie Bienen auch die Rosen finden . . .

(Jakob Haringer, 1898-1948, deutscher Schriftsteller)

Das Herz

Wie liegst Du da so märchenhaft
Und strahlst in Deiner Zauberkraft,
Du herrliche Natur!
Ach, könnte ich ergründen
Und könnte finden
Deines Zaubers Spur!
Ich seh' das Meer und hör' das mächtige Brausen,
Vernehme stumm des starken Windes Sausen,
Seh' wiederum der Sonne lieblich Licht.
Ich hör' die Vögel, hör' der Räume Rauschen,
Muß andachtsvoll des Waldes Stimme lauschen,
Doch das geheime Wirken kenn' ich nicht.

Wie bist Du sturm- und sonnenreich,
Wie bist Du klein und göttergleich,
Du Herz, wie die Natur.
Wer könnte Dich ergründen?
Wer könnte finden
Deines Zaubers Spur?
Ich fühle selbst die Folgen der Gedanken,
Den wilden Thatendrang, das bange Schwanken,
Wie ein Begriff sich schon am nächsten bricht;
Bald schmerzt der Mißerfolg im steten Kriege,
Bewund're bald des Herzens hohe Siege,
Doch das geheime Wirken kenn ich nicht.

(Ilse von Stach, 1879-1941, deutsche Schriftstellerin)

Für dich

Für dich schmück' ich und binde mein Haar
Mit duft'gen Blumen, für dich allein,
Deinen sanften Tadel fürcht' ich nur,
Deine Lieb' ist all' mein Sein.

Für dich putzt mich mein schönstes Kleid,
Einfach und nett, für dich allein,
Kein and'res Auge soll in der Stadt
Sich mir in Liebe weihn.

Für dich stimm' ich der Lauten Klang,
Sonst wär' sie stumm, allein für dich,
Für die Biene ist des Juni Hauch
Nicht das, was du für mich.

(Frances Sargent Osgood, 1813-1850, nordamerikanische Dichterin)

Mein Leben, meine Lust...

Mein Leben, meine Lust, mein Liebstes mein Vergnügen,
Mein alles was mein Herz vor liebenswürdig hält,
Freund dessen Treflichkeit, den höchsten Grad erreichet:
So spricht dein falscher Mund, wenn ich im Zimmer bin.
Ich habe kaum das Schloß von deiner Thür in Händen,
So siehst du mich erfreut und munter von dir gehn.
Jedoch die Scene nimmt itzt ein betrübtes Ende:
Ich habe dich mein Kind, nur bloß zum Scherz geküßt.
Man merket allzufrüh wie deine Kreide schreibet.
Ein jeder Spaßgalan wird von dir angehört.
Dein nie gebundnes Herz kann sich allzeit verschenken;
Du liebst und weist selbst nicht was wahre Liebe heißt.
Mit einem solchen Schatz mag ich mich nicht verbinden
Der einzig den Bestand im Unbestande sucht.
Hier hast du Herz und Hand mit schönstem Dank zurücke.
Die Freyheit wird dir auch mit selbigem geschenkt.
Nun kannst du Filidorn zu deiner Lust erwehlen.
Vielleicht daß deine Kunst bey ihm mehr Glauben hat.
Ich gönne dir und ihm die Lust, den Scherz, die Freude.
Nur denke nicht an mich, wenn ich entfernet bin.
Du marterst dich umsonst, ich komme nicht zurücke.
Ich reise ganz getrost nach meiner Vaterstadt.
Ein Mädchen solcher Art, darf man nicht lange suchen;
Nach solchen geh ich nicht; ich liebe mit Vernunft.
Drum magst du dich ja nicht auf meine Gunst berufen;
Mir ekelt wenn man mir nur deinen Namen nennt.

(Christiana Mariana von Ziegler, 1695-1760, deutsche Schriftstellerin zur Zeit der Aufklärung)

16. Gedichte; Als er sich über ihre Untreue beklagete und Abschied nahm in reimlosen Versen

Wunsch

Keine Rose ohne Dornen,
Ohne Schmerzen keine Liebe;
Beides wollt' ich gern ertragen,
Wenn nicht eins zu wünschen bliebe:

Dass doch ohne Rosenblüte
Nimmer würd' ein Dorn gefunden,
Und dass nie das Glück entbehrte,
Wer der Liebe Schmerz empfunden.

(August Wolf, 1816-1861, deutscher Dichter)

Ich denke dein

Ich denke Dein!
Ob auch getrennt in weiter Ferne,
Ist meine Seele stets bei Dir;
Im Morgenroth - beim Glanz der Sterne,
Seh' ich Dein holdes Bild vor mir,
Und bei des Mondes Silberschein
Gedenk' ich Dein.

(Amalie Krafft, 1778-1852, dänische Autorin)

Erste Strophe aus dem gleichnamigen Gedicht.

Bekannte klassische Gedichte (gemeinfrei)

Nimmersatte Liebe

So ist die Lieb! So ist die Lieb!
Mit Küssen nicht zu stillen:
Wer ist der Tor und will ein Sieb
Mit eitel Wasser füllen?
Und schöpfst du an die tausend Jahr,
Und küssest ewig, ewig gar,
Du tust ihr nie zu Willen.

Die Lieb, die Lieb hat alle Stund
Neu wunderlich Gelüsten;
Wir bissen uns die Lippen wund,
Da wir uns heute küßten.
Das Mädchen hielt in guter Ruh,
Wie's Lämmlein unterm Messer;
Ihr Auge bat: nur immer zu,
Je weher, desto besser!

So ist die Lieb, und war auch so,
Wie lang es Liebe gibt,
Und anders war Herr Salomo,
Der Weise, nicht verliebt.

(Eduard Mörike, 1804-1875, berühmter deutscher Lyriker)

Heidenröslein

Sah ein Knab’ ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
War so jung und morgenschön,
Lief er schnell es nah zu sehn,
Sah’s mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.

Knabe sprach: ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: ich steche dich,
Daß du ewig denkst an mich,
Und ich will’s nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.

Und der wilde Knabe brach
’s Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
Half ihm doch kein Weh und Ach,
Mußt’ es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.

(Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832, deutscher Dichter, Schriftsteller, Naturforscher)

Schönes Rosenbild mit dem bekannten Gedicht Heideröslein von Joahnn Wolfgang von Goethe
Naturfoto mit weissen und rosa Rosen sowie Gedicht Heideröslein von Goethe

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Müde bin ich

Müde bin ich, geh' zur Ruh',
Schliesse beide Äuglein zu;
Vater, lass die Augen dein
Über meinem Bette sein!
 
Hab' ich Unrecht heut' gethan,
Sieh' es, lieber Gott, nicht an!
Deine Gnad' und Jesu Blut
Macht ja allen Schaden gut.
 
Alle, die mir sind verwandt,
Gott, lass ruhn in deiner Hand!
Alle Menschen, gross und klein,
Sollen dir befohlen sein.
 
Kranken Herzen sende Ruh',
Nasse Augen schliesse zu;
Lass den Mond am Himmel stehn
Und die stille Welt besehn!

(Luise Hensel, 1798-1876, deutsche Dichterin)

Schöne Naturstimmung mit dem Gedicht MÜDE BIN ICH von Luise Hensel
Natufoto mit Sonnenuntergang und Gedicht Müde bin ich von Luise Hensel

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Abendlied

Der Mond ist aufgegangen,
die goldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar;
der Wald steht schwarz und schweiget,
und aus den Wiesen steiget
der weisse Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille
und in der Dämmrung Hülle
so traulich und so hold
als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolze Menschenkinder
sind eitel arme Sünder
und wissen gar nicht viel;
wir spinnen Luftgespinste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.

Gott, lass dein Heil uns schauen,
auf nichts Vergänglichs bauen,
nicht Eitelkeit uns freun;
laß uns einfältig werden
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein.

Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod;
und wenn du uns genommen,
laß uns in Himmel kommen,
du unser Herr und unser Gott.

So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder;
kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott, mit Strafen
und lass uns ruhig schlafen
und unsern kranken Nachbar auch.

(Matthias Claudius, 1740-1815, deutscher Dichter, Journalist)

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Glück auf Erden

Ich bitte nicht um Glück auf Erden;
Nur um ein Leuchten dann und wann:
Daß sichtbar deine Hände werden,
Ich deine Liebe ahnen kann.
Nur in des Lebens Kümmernissen
Um der Ergebung Gnadengruß;
Dann wirst du schon am besten wissen,
Wieviel ich tragen kann und muß.

(Annette von Droste-Hülshoff, 1797-1848, deutsche Dichterin)

Gingo Biloba

Dieses Baums Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut.

Ist es Ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Dass man sie als Eines kennt?

Solche Fragen zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn:
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Dass ich Eins und doppelt bin?

(Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832, deutscher Dichter, Schriftsteller, Naturforscher)

Herbst

Ich pflücke mir am Weg das letzte Tausendschön ...
Es kam ein Engel mir mein Totenkleid zu nähen –
Denn ich muß andere Welten weiter tragen.

Das ewige Leben dem, der viel von Liebe weiß zu sagen.
Ein Mensch der Liebe kann nur auferstehen!
Haß schachtelt ein! wie hoch die Fackel auch mag schlagen.

Ich will dir viel viel Liebe sagen –
Wenn auch schon kühle Winde wehen,
In Wirbeln sich um Bäume drehen,
Um Herzen, die in ihren Wiegen lagen.

Mir ist auf Erden weh geschehen ...
Der Mond gibt Antwort dir auf deine Fragen.
Er sah verhängt mich auch an Tagen,
Die zaghaft ich beging auf Zehen.

(Else Lasker-Schüler, 1869-1945, deutsch-jüdische Dichterin)

Wenn dir Melodien

Wenn dir Melodien
Liebe Stunden wiederbringen,
Laß mit freien Schwingen
Deine Sehnsucht ziehn.

Nimm das Glück wie einst,
Das dir Träume gütig spinnen,
Laß die Tränen rinnen,
Wenn du weinst.

Birg nicht Lust noch Gram.
Nur der Reine fühlt aufs Neue.
Steht doch Herzenstreue
Über aller Scham.

(Joachim Ringelnatz, 1883-1934, eigentlich Hans Bötticher, deutscher Lyriker, Erzähler)

> mehr Ringelnatz Gedichte

Am letzten Tag des Jahres - Silvester

Das Jahr geht um,
der Faden rollt sich sausend ab.
Ein Stündchen noch,
das letzte heut,
Und stäubend rieselt
in sein Grab,
was einstens war
lebendge Zeit.
Ich harre stumm.
's ist tiefe Nacht !
Ob wohl ein Auge
offen noch?
In diesen Mauern
rüttelt dein
Verrinnen, Zeit !
Mir schaudert, doch
Es will die letzte
Stunde sein
Einsam durchwacht,
Gesehen all,
Was ich begangen und gedacht.
Was mir aus Haupt und Herzen stieg,
Das steht nun eine
ernste Wacht
Am Himmelstor,
O halber Sieg !
O schwerer Fall!
Wie reisst der Wind
Am Fensterkreuze !
Ja, es will
Auf Sturmesfittichen das Jahr
Zerstäuben, nicht ein Schatten still
Verhauchen unterm
Sternenklar.
Du Sündenkind,
War nicht ein hohl
Und heimlich Sausen
jeder Tag
In deiner wüsten Brust Verlies,
Wo langsam Stein an Stein zerbrach,
wenn es den kalten Odem stieß
Vom starren Pol?
Mein Lämpchen will
Verlöschen,
und begierig saugt
Der Docht den letzten Tropfen Öl.
Ist so mein Leben auch verraucht?
Eröffnet
sich des Grabes Höhl
Mir schwarz und still?
Wohl in dem Kreis,
Den dieses Jahres Lauf umzieht,
Mein Leben bricht.
Ich wusst es lang !
Und dennoch hat
dies Herz geglüht In eitler
Leidenschaften Drang !
Mir brüht der Schweiss
Der tiefsten Angst
auf Stirn und Hand.
Wie? dämmert feucht
Ein Stern dort durch die Wolken
nicht? Wär es der Liebe Stern
vielleicht, Dir zürnend mit dem
trüben Licht, Dass du so bangst?
Horch,
welch Gesumm ?
Und wieder? Sterbemelodie!
Die Glocke regt
den ehrnen Mund.
O Herr, ich falle auf das Knie :
Sei gnädig meiner
letzten Stund !
Das Jahr ist um !

(Annette von Droste-Hülshoff, 1797-1848, deutsche Schriftstellerin, Komponistin)

Von guten Mächten wunderbar geborgen

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

(Dietrich Bonhoeffer, 1906-1945, deutscher lutherischer Theologe)

Grabschrift

Im Schatten dieser Weide ruht
Ein armer Mensch, nicht schlimm noch gut.
Er hat gefühlt mehr als gedacht,
Hat mehr geweint als er gelacht;
Er hat geliebt und viel gelitten,
Hat schwer gekämpft und - nichts erstritten.
Nun liegt er endlich sanft gestreckt,
Wünscht nicht zu werden auferweckt.
Wollt Gott an ihm das Wunder tun,
Er bäte: Herr, o lass mich ruhn!

(Marie von Ebner-Eschenbach, 1830-1916, österreichische Schriftstellerin, Dichterin)

Neue Liebe, neues Leben

Herz, mein Herz, was soll das geben?
Was bedränget dich so sehr?
Welch ein fremdes, neues Leben!
Ich erkenne dich nicht mehr.
Weg ist alles, was du liebtest
Weg, warum du dich betrübtest,
Weg dein Fleiß und deine Ruh -
Ach, wie kamst du nur dazu!

Fesselt dich die Jugendblüte,
Diese liebliche Gestalt,
Dieser Blick voll Treu und Güte
Mit unendlicher Gewalt?
Will ich rasch mich ihr entziehen,
Mich ermannen, ihr entfliehen,
Führet mich im Augenblick,
Ach, mein Weg zu ihr zurück.

Und an diesem Zauberfädchen,
Das sich nicht zerreißen läßt,
Hält das liebe, lose Mädchen
Mich so wider Willen fest;
Muß in ihrem Zauberkreise
Leben nun auf ihre Weise.
Die Verändrung, ach, wie groß!
Liebe! Liebe! laß mich los!

(Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832, deutscher Naturforscher, Dichter)

> mehr Goethe Gedichte

Ich will dich leise leiten

Bist du so müd? Ich will dich leise leiten
aus diesem Lärm, der längst auch mich verdroß.
Wir werden wund im Zwange dieser Zeiten.
Schau, hinterm Wald, in dem wir schauernd schreiten,
harrt schon der Abend wie ein helles Schloß.

Komm du mit mir. Es solls kein Morgen wissen,
und deiner Schönheit lauscht kein Licht im Haus ...
Dein Duft geht wie ein Frühling durch die Kissen:
Der Tag hat alle Träume mir zerrissen, -
du, winde wieder einen Kranz daraus.

(Rainer Maria Rilke, 1875-1926, österreichischer Schrifsteller)

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